Prozessbericht vom 10. April 2018

Zwangsmassnahmen- sowie Straf- und Massnahmenvollzugsgericht des Kantons Wallis. Gerichtsverhandlung der Causa Urs P. BECK - Verhandlung über stationäre therapeutische Massnahmen (Art. 59 bis 62d StGB)

Richter: Marc ANTHAMATTEN und 2 Beisitzer

 

Vorgeschichte

Gemäss der Solothurner Zeitung vom 11.04.18 ist Urs P. BECK bereits einmal wegen Sittlichkeitsvergehen am 14.08.79 verhaftet und zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt worden. In 5 Fällen sollen ihm Vergewaltigungen nachgewiesen worden sein. Entlassung im 1987. Er soll über 100 Opfer auf dem Gewissen haben und ist in der Boulevardpresse als Chloroform-Unhold etikettiert.

2011 wurde er im Oberwallis erneut zu 11 Jahren und 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Er hat diverse Fälle von Voyeurismus gestanden, streitet jedoch bis zum heutigen Tag die ihm angelastete Vergewaltigung ab.

Offenbar war diese Strafe Ende 2017 verbüsst, und das Bundesgericht soll seine Freilassung angeordnet haben. Daraufhin haben die Walliser Behörden BECK vorsorglich in Sicherheitsverwahrung genommen, und seine lebenslängliche Verwahrung gefordert. Nun sollte das erwähnte Gericht am 10.04.18 entscheiden, ob diese Zwangsmassnahme aufrechterhalten wird. Allerdings stand nur die «kleine» Sicherheitsverwahrung gemäss Artikel 59 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs zur Debatte an.

 

Die Verhandlung vom 10.04.18 im Justizgebäude von Sitten

Nach einer doppelten Identifikation und Filzen wurden 7 Journalisten (Schweizer Fernsehen, SDA, Blick, Solothurner Zeitung) sowie 6 andere Prozess-Beobachter in den Saal eingelassen, bewacht von je 5 Polizisten in Uniform und in Zivil.

Um 13 Uhr 45 wird der 69-jährige Angeklagte von 2 Securitas-Agenten flankiert in den kirchenähnlichen Saal auf dem 3. Stockwerk mit Glasmalerei-Fenster geführt. Sein RA ist Stephan BERNARD, Zürich. Der Kanton Wallis ist mit 3 Beamten vertreten (Juristen, Psychologin).

Wie an den europäischen Gerichtshöfen allgemein formell üblich, sind die Verhandlungen zwar öffentlich. Der Gerichtspräsident murmelt aber absichtlich so leise, dass man kaum folgen kann. Man kriegt nur die Bruchstücke mit, welche vom Präsidenten dem Schreiber diktiert werden: im Oktober 2016 sei eine Neubeurteilung beantragt worden. Der Betroffene sei Therapie-unfähig und habe eine Persönlichkeitsstörung – verfolge eine Rechtfertigungsstrategie. (Man kann sich fragen, ob ANTHAMATTEN da nicht sein eigenes Verhaltensmuster auf BECK projiziert hat.) Da der Angeklagte auf Hochdeutsch wechselt, folgen ihm auch sein Verteidiger und das Gericht. Der Präsident gebraucht immer wieder den Euphemismus «Massnahme».

Der Angeklagte wird befragt. Sagt aus, die «Massnahmen» seien völlig idiotisch. Er verlangt, unverzüglich auf freien Fuss gesetzt zu werden. Die langjährige Gefängnisstrafe habe ihn traumatisiert. Auf die Frage, ob er denn nochmals straffällig werden könnte, antwortet BECK, das Risiko sei gleich Null. Er könne sich problemlos unterbringen lassen. Keine Zusatzfragen seitens der Beisitzer und der 3 anwesenden Beamten.

Anschliessend plädiert der Verteidiger während 45 Minuten. Er zeigt eine ganze Serie von Verfahrensfehlern auf: die Gutachten seien mangelhaft und für den Prozess nicht brauchbar. Das Gericht hätte 3 separate Prozesse aufgleisen müssen (anstatt nur diese eine Verhandlung, bei der nicht klar war, um was es genau ging). Die Anträge der Vormundschaftsbehörde wurden zu spät eingereicht. Laut RA BERNARD hätte der Beschuldigte sofort aus der Haft entlassen werden müssen, aber dann hätte das Gericht ja all die Fehler der Behörden eingestanden. Am liebsten wollten die seinen Klienten wohl begraben und vergessen.

Auf keinen der Anträge sei einzutreten, sein Klient sei sofort freizulassen und die Kosten aus der Staatskasse zu begleichen. Zudem fordert er für seinen Mandanten eine Entschädigung von CHF 35‘000, weil es die Walliser Behörden verschlampt hätten, termingerecht die Verlängerung der «Massnahme» einzuleiten und somit sein Klient ohne Hafttitel eingesessen habe.

BECK ergreift das Wort, und verweist auf offensichtliche Fehlaussagen der Gutachter, unterbrochen von ANTHAMATTEN, der den Angeklagten mit dessen eingestandenen Taten (Voyeurismus) festnageln will. Zwischenruf einer Beobachterin: «Ja haben Sie sich denn nie einen Pornofilm angeschaut?» Und schiebt nach: «Sie antworten nicht!»

BERNARD zieht die Schlussfolgerung: Eine nachträgliche Umwandlung einer Gefängnisstrafe in Sicherheitsverwahrung sei nicht zulässig, da keine Revisionsgründe vorlägen.

Um 15 Uhr 15 will ANTHAMATTEN die Verhandlung beenden BECK besteht jedoch auf seinem Recht auf das letzte Wort. Er zeigt dem Präsidenten und dem Publikum die Presseartikel (vor allem vom Blick), welche laut ihm verleumderisch seien. ANTHAMATTEN reagiert damit, BECK von den Securitas-Agenten gewaltsam aus dem Saal führen zu lassen.

Zwischenruf: «ANTHAMATTEN, sie verletzen das Recht des Angeklagten auf das letzte Wort!»

Das Urteil wird schriftlich zugestellt.

 

Links zu Berichten der Massenmedien:

https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/freiheit-dank-formfehler?id=a23fe2c7-fd0f-4942-8779-1f9a21718101

www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/chloroform-unhold-69-verlaesst-gerichtssaal-mit-erhobenem-zeigefinger-doch-ihm-droht-die-verwahrung-132421721

www.blick.ch/news/schweiz/bern/chloroform-unhold-urs-b-68-will-aus-dem-knast-eklat-am-gericht-im-wallis-id8234530.html