Fall vor dem Bundesgericht am 10. Juli 2018

Der Berichterstatter hat aus der Aargauer Zeitung vom 07.07.18 entnehmen können, worum es geht:

www.aargauerzeitung.ch/schweiz/ein-vater-kaempft-gegen-die-kesb-das-bundesgericht-greift-jetzt-zu-einer-seltenen-massnahme-132781989 

Dieser Vater hat sich vor vier Jahren von der Mutter von zwei gemeinsamen Töchtern scheiden lassen. Sie teilten die elterliche Sorge. Die Mädchen kamen aber in die Obhut der Mutter. Diese verstarb im Juni 2016 an einer Krankheit.

Die älteste Tochter war zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig. Die Jüngere ist heute 16-jährig. Da die Volljährige sich entschied, in der neuen Familie zu verbleiben, wünschte die kleine Schwester, bei ihr zu bleiben, da sie ihre wichtigste Beziehungsperson ist.

Der ernannte Beistand der minderjährigen Tochter versuchte neutral und unabhängig zwischen Vater und Tochter zu vermitteln. Das passte aber der KESB Olten-Gösgen nicht. Dieser Beistand wurde trotz seinen Protesten schlichtweg abgesetzt, und dem Vater die elterliche Sorge ohne Federlesens entzogen. Das Verwaltungsgericht Solothurn segnete diesen KESB-Entscheid ab. Der Vater zog den Fall ans Bundesgericht weiter. Da sich die Richter nicht einstimmig einigen konnten, wurde eine dieser sehr seltenen öffentlichen Verhandlungen beim Bundesgericht auf den 10.07.18, ab 09 Uhr 15 festgesetzt. Tatsächlich tagt diese Instanz nur etwa 70 Mal im Jahr. Da es 38 Bundesrichter gibt, steigt also ein Bundesrichter durchschnittlich nur etwa zweimal im Jahr in seine Richterrobe. Es ist eben leichter, die Opfer auf dem Korrespondenzweg abzumurksen. Im 2016 waren das 97,7 % der 8‘000 Beschwerdeführer. Die Erfolgsquote liegt also nicht einmal im Rabattbereich.

Wegen der Seltenheit dieses Spektakels, wollte der Schreibende einmal einem solchen Event beiwohnen. Er erschien eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn. Er meldete den Wunsch an, als Zuschauer eingelassen zu werden. Der Sicherheitsmann hiess ihn, draussen zu warten. Nach einigen Minuten kam er heraus und fragte, ob man es mit dem Herrn ULRICH zu tun habe. Das wurde erstaunt bejaht. Wie kam man denn dazu, ihn zu erkennen?

Um 09 Uhr 05 trafen zwei Damen aus dem Oberwallis ein und wurden sogleich als Zuschauerinnen eingelassen.

Etwas später kam der SVP-Nationalrat Pirmin SCHWANDER mit dem Taxi an und verschwand im Gebäude. Dann kam der Sicherheitsbeamte (ein dunkelhaariger Inder) heraus und erklärte, die Sitzung habe bereits begonnen, und sie sei nicht öffentlich. Als der Ausgeschlossene diese Lüge widerlegte, schob der Mann nach, ULRICH werde der Zugang verweigert. Eine Begründung konnte er nicht vorbringen. Also übergab der Geächtete dem Aufpasser ein schriftliches Anbegehren, der Bundesgerichtspräsident Ulrich MEYER möge ihm doch diese Begründung mitteilen. Antwort ausstehend. 

Deshalb kann der verhinderte Berichterstatter den Fall nur auf Grund von anderen Quellen kommentieren. Eine der erwähnten Zuschauerinnen schrieb im Facebook folgenden Kommentar:

«Seit 2 Stunden hören wir nun schon 5 Bundesrichtern zu, die selber gegenteilige Ansichten zum behandelnden Fall vertreten. Die einen sprechen Deutsch, die andern Französisch. Der Beschwerdeführer gegen die KESB (Kindes- und Erwachsenen-Schutz-Behörde) konnte sich noch nicht äussern. Die Bundesrichter schlagen sich verschiedene Artikel um die Ohren. Ein Prozessbeobachter wurde nicht eingelassen».

Das Gremium war zusammengesetzt von den Bundesrichtern Gregory BOVEY, Christian HERMANN, Luca MARAZZI, Felix SCHÖBI und einem nicht bekannten Magistraten.

Der Vater (IMHOF) verlor. Der einzige Bundesrichter, der sich auf seine Seite geschlagen hatte, war SCHÖBI.  Die NZZ und der Tages-Anzeiger hatten ihre Korrespondenten vor Ort geschickt, die über den negativen Bundesgerichtentscheid 5A_463/2017 berichteten:

www.nzz.ch/schweiz/vater-verliert-kampf-um-die-tochter-ld.1402310

www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Spielraum-fuer-die-Kesb-Auftrieb-fuer-Pirmin-Schwander/story/16946398

Kommmentar

Auch der Schreibende ist der Meinung, dass zurechnungsfähige Jugendliche selbst bestimmen sollen und können, wo sie leben wollen. In diesem Fall hat die KESB das auch durchgezogen. Aber in wie vielen anderen Fällen werden die Wünsche der Kinder von der KESB eben nicht beachtet?

Der NZZ-Artikel ist einseitig KESB-freundlich. Tenor: «Öffentliche Gerichtsverhandlungen können helfen, das Vertrauen in die Kesb zu stärken». Kathrin ALDER

Ausgewogener ist der Beitrag des Tages-Anzeigers: Offenbar hätte man Beides unter einen Hut bringen können: Der Vater hätte das elterliche Sorgerecht behalten und die Tochter in ihrer bisherigen Umgebung mit ihrer älteren Schwester belassen werden können. Man sieht also nicht ein, weshalb das überhaupt zu einer solchen gerichtlichen Auseinandersetzung kommen musste, wo die alleinige Siegerin die KESB ist. Der Vater wird aber schonungslos herabgesetzt und wahrscheinlich wird das Vater-/ Tochterverhältnis darunter leiden. Das heisst, dass nicht nur der Vater, sondern auch die Tochter die Leidtragenden sind. Aber solche Überlegungen haben wohl in den Sesselfurzer-Gehirnen keinen Platz. Wie die genannte Prozessbeobachterin im Facebook angemerkt hat, haben sich die Bundesrichter nur gegenseitig ihre Rechtssprechungs- und Gesetzeskenntnisse um die Ohren geschlagen, anstatt den Vater anzuhören. Sie haben nicht einmal daran gedacht, vernünftig über die wirklichen Probleme zu reden und einen ausgewogenen Kompromiss anzustreben.

Das ist eben das totale Versagen unseres Justiz-Olymps. Die Bundesrichter leben in ihrer virtuellen Welt, ohne Realitätsbezug.

 

11.07.18 / GU